03. Juli 2025
Medienmitteilung
Dalai Lama-Nachfolge: Schweiz muss tibetisches Selbstbestimmungsrecht schützen
Der Dalai Lama hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass die jahrhundertealte tibetisch-buddhistische Institution der Dalai Lama-Nachfolge auch nach seinem Tod fortbestehen wird. Damit bekräftigt er kurz vor seinem 90. Geburtstag am kommenden Sonntag, dass es einen 15. Dalai Lama geben soll, wie es der Tradition der tibetischen Gemeinschaft entspricht.
Zivilgesellschaft fordert den Bundesrat auf, klar Stellung zu beziehen
Der Dalai Lama wies jede Einmischung der kommunistischen Führung in Peking bei der Suche nach seiner Reinkarnation zurück. Eine Stiftung, welche die religiösen und administrativen Angelegenheiten des Dalai Lamas verwaltet, habe den Auftrag, Suche und Ernennung «entsprechend der bisherigen Tradition» vorzunehmen.
In einer ersten Reaktion hielt das chinesische Aussenministerium in Peking fest, dass der oder die Nachfolgerin des amtierenden Dalai Lamas nur mit Genehmigung der Regierung ernannt werden dürfe.
„Kein Staat darf sich in die Nachfolge des Dalai Lamas einmischen. Das Selbstbestimmungsrecht der Tibeter:innen, ihre Religion und kulturelle Identität frei zu leben, muss respektiert und geschützt werden“ sagt Arya Amipa, Co-Präsident des Vereins Tibeter Jugend in Europa.
China hat bereits in der Vergangenheit versucht, eigene Kandidaten für hohe spirituelle Ämter einzusetzen. So etwa beim Panchen Lama in den 1990er-Jahren, einem anderen sehr hohen Lama im tibetischen Buddhismus. Nach dem Tod des aktuellen Dalai Lama könnte es also dereinst zwei Dalai Lamas geben: den «echten» und einen durch die chinesische Regierung eingesetzten. „Die Volksrepublik China will dadurch die Kontrolle über die tibetische Bevölkerung weiter ausbauen und die religiöse Identität instrumentalisieren“ so Thomas Büchli, Vize-Präsident Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft.
Tibetische Organisationen und Voices rufen die Schweizer Regierung dazu auf:
- Sich öffentlich für das Recht der Tibeter:innen einzusetzen, ihre religiöse Führung ohne Einflussnahme durch die Volksrepublik China zu bestimmen.
- In bilateralen Gesprächen mit der Volksrepublik China den Respekt für dieses fundamentale Selbstbestimmungsrecht unmissverständlich einzufordern.
- Die Forderungen der tibetischen Gemeinschaft in der Schweiz und weltweit aktiv zu unterstützen, insbesondere im Hinblick auf ihren Schutz vor Transnationaler Repression.
„Die Schweizer Regierung darf nicht schweigen, wenn Grundrechte der tibetischen Gemeinschaft gefährdet sind. Gerade im aktuellen geopolitischen Klima ist eine klare Haltung für Religionsfreiheit und kulturelle Selbstbestimmung wichtiger denn je“ sagt Selina Morell, Programmleiterin bei Voices.
Hintergrundinformationen
Der 14. Dalai Lama, Tenzin Gyatso, lebt seit seiner Flucht 1959 im Exil in Indien. Er erhielt 1989 den Friedensnobelpreis für seinen gewaltlosen Einsatz für ein freies Tibet. Seine politische Macht hat der Dalai Lama bereits 2011 an eine demokratisch gewählte Exilregierung mit Sitz in Indien abgegeben. Am 6. Juli feiert er seinen 90. Geburtstag. Dies wird nicht nur als ein persönliches Jubiläum verstanden, sondern auch als Anlass gesehen, um über die Zukunft des tibetischen Buddhismus zu diskutieren. Ein zentrales Thema ist die Nachfolge des Dalai Lama. Die Frage, wie die Nachfolge geregelt wird, ist daher von grosser politischer und religiöser Bedeutung. Der Dalai Lama hatte angekündigt, dass sein Nachfolger in der «freien Welt» geboren werden wird – Genaueres wollte er aber erst anlässlich seines 90. Geburtstages bekanntgeben.