18. Juni 2025
Medienmitteilung
Bundesrat verschläft effektiven Schutz für Tibeter:innen und Uigur:innen in der Schweiz
Voices und der Verein Tibeter Jugend in Europa (VTJE) kritisieren den Bundesrat scharf dafür, dass er weiterhin keine konkreten Massnahmen gegen Transnationale Repression durch die Volksrepublik China in der Schweiz ergreift. Aktuelle Antworten auf parlamentarische Vorstösse und Anfragen bestätigen den politischen Stillstand – trotz zunehmender Bedrohung für die betroffenen Gemeinschaften.
In seiner Antwort diese Woche auf die Frage von Nationalrätin Christine Badertscher (24.7523) nach konkreten Schritten gegen chinesische Transnationale Repression blieb der Bundesrat vage: Das Mandat, das er dem Sicherheitsverbund Schweiz für die Prüfung und Umsetzung von Massnahmen erteilen will, wurde anscheinend immer noch nicht übermittelt. Man «prüfe» weiterhin, «inwiefern es zusätzliche Massnahmen gegen transnationale Repression braucht, darunter konkrete Schutz- und Unterstützungsmassnahmen sowie eine Institutionalisierung des Dialogs mit Diaspora-Gruppen», sagte Bundesrat Martin Pfister in seiner mündlichen Antwort.
Bereits bei der Beantwortung der Interpellation Badertscher (25.3225) im Mai verwendete der Bundesrat dieses Wording und verpasste es, konkrete Schutzmechanismen vorzuschlagen. Anscheinend wurde bislang erst eine einzige Massnahme ergriffen: Der Bericht zu chinesischer Transnationaler Repression in der Schweiz, der im Februar als Antwort auf das Postulat 20.4333 veröffentlicht wurde, ist im Menschenrechtsdialog mit China im selben Monat zur Sprache gebracht worden. «Die Wirksamkeit dieses Dialogs stellen wir schon lange in Frage. Anstatt mit denen zu sprechen, die uns bis hierher verfolgen, sollte die Schweizer Regierung besser mit uns reden und gemeinsam mit uns effektive Schutzmassnahmen ausarbeiten», sagt Arya Amipa, Co-Präsident des Verein Tibeter Jugend in Europa.
Konkrete Massnahmen fehlen
Schon bei der Beantwortung des Postulats 20.4333 zur Lage von Tibeter:innen und Uigur:innen in der Schweiz liess sich der Bundesrat ungewöhnlich viel Zeit. Die Antwort wurde im Februar zusammen mit einer externen Studie der Universität Basel veröffentlicht. Der Bundesrat hatte darin erstmals anerkannt, dass Tibeter:innen und Uigur:innen in der Schweiz durch die chinesische Regierung gefährdet werden. Doch jetzt sieht es erneut so aus, als würde der Bundesrat das Ergreifen von konkreten Schutzmassnahmen hinauszögern, anstatt sich entschlossen für die betroffenen Gemeinschaften einzusetzen.
«Lediglich Massnahmen zu prüfen reicht nicht aus», sagt Selina Morell, Programmleiterin bei Voices, «Die Bedrohung durch chinesische Repression in der Schweiz ist real, der Bundesrat hat das in seinem Bericht selbst bestätigt. Was es jetzt braucht, ist politischer Wille – nicht weitere Abklärungen.» In Zusammenarbeit mit tibetischen und uigurischen Expert:innen hat Voices den Schweizer Behörden bereits im April konkrete Vorschläge für Massnahmen zukommen lassen, wie etwa einen behördenübergreifenden Schutzmechanismus, niederschwellige Anlaufstellen für Betroffene sowie den Aufbau vertrauensbasierter Dialogformate zwischen Behörden und Diaspora-Gemeinschaften.
Wirtschaftliche Annäherung wird vorangetrieben
Spätestens seit die Schweiz 2014 ein Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik China abgeschlossen hat, fühlen sich die tibetischen und uigurischen Gemeinschaften von den Schweizer Behörden zunehmend im Stich gelassen. Voices fordert daher, dass die Schweiz ihre Einwohner:innen schützt und das Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik China nur erweitert, wenn die Menschenrechte verbindlich und konsequent im Abkommen integriert werden.
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates hatte den Bundesrat im August 2024 beauftragt, den Bericht zu chinesischer Transnationaler Repression nach Erscheinen bei den Gesprächen über eine Vertiefung des Freihandelsabkommens mit der Volksrepublik China miteinzubeziehen. Die erste Verhandlungsrunde zum Ausbau des Freihandelsabkommen fand im März statt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO kommunizierte dazu nicht transparent und sprach einzig in einem öffentlich zugänglichen PDF-Dokument von einem ‹erfolgreichen Verhandlungsauftakt›. Ob dabei auch die Repression gegenüber Tibeter:innen und Uigur:innen in der Schweiz angesprochen wurde, bleibt fraglich. «Die Schweizer Behörden dürfen nicht länger zusehen, wie tibetische und uigurische Aktivist:innen hierzulande bedroht und eingeschüchtert werden. Die Schweiz muss jetzt Haltung zeigen – für Menschenrechte, für Schutzsuchende, und für die eigene Glaubwürdigkeit.» – so Arya Amipa, Co- Präsident des Verein Tibeter Jugend in Europa.